Ein Interview mit den Berufseinstiegsbegleitern Herr Rietmann und Frau Bolhuis. Das Interview fand am 25.5.2016 in ihren Arbeitsräumen der Oberschule Borssum statt:

Berufseinstiegsbegleiter-Emden-2016

Gibt es ein besonderes Erlebnis in eurem Beruf?

Z. B. hatten wir eine Schülerin, die so gut wie keine Chance auf einen Ausbildungsplatz hatte. Wir konnten sie dann erfolgreich vermitteln und sie noch ein halbes Jahr während der Ausbildung begleiten. Mittlerweile ist sie im dritten Lehrjahr.

Gibt es ein negatives Erlebnis in eurem Beruf?
Es gab mal eine Situation, wo die Eltern nicht wollten, dass ihr Kind eine Ausbildung macht, obwohl die Stellenzusage da war. Es frustriert dann, wenn man nichts machen kann.

Wann sollte ein Schüler zu euch kommen?
Wenn die Eltern mit der Situation ihr Kind auf das Berufsleben vorzubereiten überfordert sind: Zum Beispiel, wenn sie den Ausbildungsmarkt nicht kennen, wenn sie ihr Kind schulisch nicht unterstützen können oder wenn ein Schüler keinerlei Vorstellungen davon hat, welchen Beruf er später ausüben möchte.

Wie geht Ihr mit Wunschvorstellungen der Schüler um?
Realistisch. Wenn ein Schüler sagt, dass er Pathologe werden will, dann wird es von uns auch eine realistische Rückmeldung gegeben. Dafür gucken wir aber auch nach Alternativen, um realistische und für den Schüler passende berufliche Ziele zu entwickeln.

Wie lange wird ein Schüler von euch betreut?
Das Projekt Berufseinstiegsbegleitung ist zunächst für jeden Teilnehmer auf 2,5 Jahre ausgelegt und kann ggf. noch um ein halbes Jahr verlängert werden. Der klassische Weg sieht die Betreuung in der 8. und 9. Klasse sowie im 1. Ausbildungsjahr vor. Die Zeit kann aber auf Antrag auch verlängert werden. Viele wollen z. B. noch die 10. Klasse besuchen, dann haben wir keine Möglichkeit sie in den Beruf zu begleiten. Allerdings besteht auch die Möglichkeit – sofern Teilnehmerplätze frei sind oder werden – später noch einzusteigen.

Wie viele Schüler betreut ihr momentan?
Hier in Emden sind es 31

Was macht euch besonders Spaß bei der Arbeit?
Dass man Schülern helfen und sie auch motivieren kann. Auch der Kontakt zu den vielen verschiedenen Menschen in unserem Netzwerk ist interessant. Wir arbeiten mit Schülern, Lehrern, Eltern, der Agentur für Arbeit, den Kammern, Unternehmen und Ämtern zusammen. Das schönste allerdings ist es, Erfolge zu sehen, wie z. B. einen Jugendlichen, der mit unserer Unterstützung einen Ausbildungsplatz bekommt.

Wie geht ihr bei der Ausbildungsplatzsuche für eure Schüler vor?
Wir erkundigen uns auf dem Arbeitsmarkt, sprechen Unternehmen, Kammern und auch die Agentur für Arbeit an, um möglichst viele Optionen zu haben. Die Unternehmen zu besuchen und mit den Inhabern zu sprechen gehört ebenso dazu. Meist steckt in dem Fall schon eine konkrete Idee für einen Schüler dahinter und man vereinbart z.B. ein Praktikum zum gemeinsamen Kennenlernen.

Wie erfolgreich seid ihr mit eurer Arbeit?
Ein Erfolg ist für uns schon, wenn sich z. B. der Notendurchschnitt eines Teilnehmers verbessert oder wenn die Fehltage geringer werden. In diesen Bereichen haben wir besonders großen Erfolg. Aber vor allem geht es auch darum das Arbeits- und Sozialverhalten zu verbessern, um daraufhin gute Chancen auf einen Ausbildungsplatz zu haben.

Ist es gut, wenn Schüler noch die 10. Klasse besuchen wollen?
Das ist tatsächlich ein Problem, da viele Schüler den Abschluss nicht schaffen und dieses häufig auch vorher schon klar ist. Dann wären sie z. B. auf einer Berufsfachschule besser aufgehoben, um dort gezielter auf einen Beruf vorbereitet zu werden. Häufig ist das aber nicht die Entscheidung der Schüler, sondern der Eltern und hier ist es auch unser Auftrag diese entsprechend zu beraten.

Was müsste passieren, damit die Chancen auf eine Ausbildung verbessert werden?
Gerade, wenn es um das Arbeits- und Sozialverhalten oder die gesellschaftlichen Grundwerte geht, sehen wir oft große Lücken bei den Schülern. Für die Arbeitgeber haben aber gerade diese Eigenschaften die größte Bedeutung, wenn es um die Besetzung ihrer Ausbildungsplätze geht. Sicherlich kann man in den Klassen 8 und 9 dort noch einiges aufarbeiten, doch diese sogenannten „Softskills“ entwickeln Kinder bereits in den ersten Lebensjahren. Der Rückhalt von den Eltern müsste hier viel größer werden, gerade wenn es um wesentliche Erziehungsaufgaben geht. Vielleicht wäre hier wichtig zu sagen, dass man ruhig mehr Hilfe von außen annehmen sollte, um seinem Kind eine gute gesellschaftliche Entwicklung zu bieten.